Im Alter von 23 Jahren* hat der beste deutsche Skifahrer, Felix Neureuther, bereits 20 Jahre Ski-Rennen auf dem Buckel. Am Ende seiner erfolgreichsten Weltcup-Saison 2007/2008 mit konstanten Platzierungen unter den Top 10 sprachen wir mit ihm nach dem Heimrennen am Gudiberg in Garmisch.
Vor dem Weltcup-Rennen in Garmisch litten Sie an einer Virusgrippe. Warum sind Sie trotzdem angetreten ?
Beim Heimrennen müssen sie mir schon den Fuß absägen, dass ich nicht fahren würde. Ich weiß nicht, ob ich woanders gestartet wäre.
Embed from Getty ImagesZwingen einen die Erwartungen der Öffentlichkeit an den Start ?
Ja, die Erwartungen waren sicher da. Aber meine eigenen Erwartungen sind eigentlich viel größer als diejenigen, die von außen auf mich einprasseln. Außerdem hatte ich mich wahnsinnig auf das Rennen gefreut. Es wäre mein Traum gewesen, hier zu gewinnen. Aber jetzt freue ich mich schon auf das Heimrennen im nächsten Jahr.
Was nehmen Sie aus dem Weltcup-Slalom in Garmisch mit ?
Durch das Rennen habe ich sehr viel an Erfahrung gewonnen. Ich weiß jetzt besser mit den Anforderungen der Medien und dem öffentlichen Druck umzugehen. Z.B. habe ich in der Woche vor dem Weltcup ca. 30 Fernseh-, TV- und Zeitungs-Interviews absolviert. Beim nächsten Mal werde ich diese Anfragen schon im Vorfeld bearbeiten, so dass ich früher zur Ruhe komme und mich besser auf das Rennen konzentrieren kann. Insgesamt verbuche ich die Erfahrungen aber schon als Generalprobe für die WM 2011, die in Garmisch-Partenkirchen stattfinden wird.
Ski-Weltcup & Entwicklung
Wie hat Ihnen als Fahrer die Atmosphäre beim Weltcup gefallen ?
Die Atmosphäre dieses Jahr war ist richtig gut. In Garmisch hatten wir 12.000 Zuschauer, was für hiesige Verhältnisse schon Klasse ist. Aber es gibt auch andere Beispiele: In Schladming kommen am Dienstag beim Nachtslalom über 50.000 Zuschauer an den Hang und an der Party-Meile sind noch einmal 20.000 Leute. Oder: Adelboden hat ca. 1500 Einwohner und zu den Weltcups kommen 30.000 Zuschauer am Tag. Angesichts der WM 2011 wünsche ich mir, dass die Rennen ein großes Event werden, schließlich liegen wir im Einzugsgebiet von München und Innsbruck. Je mehr Zuschauer kommen, desto besser ist die Atmosphäre – das inspiriert uns als Fahrer ungemein.
Nach Ihren Top-Platzierungen in dieser Saison* wartet die Öffentlichkeit auf einen Sieg. Wie beurteilen Sie Ihre bisherige Entwicklung ?
Beim Skisport braucht man eine gewisse Zeit, bis man gerade bei den Herren auf Top-Niveau mitfahren, oder sogar gewinnen kann. Am Anfang ging alles sehr, sehr schnell: Mit 18 Jahren war ich schon beim Weltcup-Finale der Besten 25 der Welt dabei. Dann hat es eine Zeit gedauert, die Leistungen zu bestätigen. Ich habe auch einiges auf den Deckel bekommen, eine zeitlang lief es richtig schlecht. Aber aus so einer Leistungskrise muß man sich zurückkämpfen. Irgendwann macht es klick und man weiß, wie’s geht.
Embed from Getty ImagesWollen Sie sich auch in den anderen Disziplinen weiterentwickeln ?
Ich möchte versuchen, mich in zwei Disziplinen in der Weltspitze zu etablieren und würde dann über eine dritte nachdenken. Im Riesenslalom hänge ich leider mit meinem Plan hinterher – diese Saison war einfach schlecht.
Was macht den Unterschied zwischen den beiden Disziplinen aus?
Im Riesentorlauf erreicht man streckenweise über 100 km/h. Das kostet einerseits viel Überwindung, andererseits fährt man dort eine andere Technik – die Kurvenradien werden durch die kurzen Skier sehr eng. Der Riesenslalom ist eine brutale Disziplin und in meinen Augen die Schwerste im Alpinen Rennlauf.