Arbeiten im Team
Wie schaffen Sie es als DSV-Sportdirektor, die Trainer zu einem Team zu formieren ?
In der Zusammenarbeit mit den Trainern des Bereich Ski Alpin haben wir einige neue Regeln aufgestellt: Einerseits wurden gemeinsame Ziele, eine offene Kommunikation und gemeinsame erarbeitete Strukturen installiert. Andererseits möchten wir die im Leistungssport üblichen hierarchischen Strukturen aufweichen. D.h. ein Nachwuchstrainer darf nicht weniger, aber auch nicht mehr wert sein als ein Weltcup-Trainer; denn alle müssen sich und ihre Kompetenzen in den Dienst des Athleten und seiner Leistungsoptimierung stellen. Der Trainer ist ein Dienstleister.
Embed from Getty ImagesWelche Vorstellungen haben Sie von einem guten Arbeitsklima ?
Ein gutes Arbeitsklima erfordert eine gewisse Reife sowie ein hohes Niveau an Vertrauen und Selbstkritik. Dazu gehört beispielsweise, einen Fehler zu machen, ihn zu erkennen und daraus Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln um Missstände zu beheben. Durch einen offenen und ehrlichen Umgang entsteht ein gutes Miteinander. Wenn Trainer oder Athleten Fehler eingestehen und auch Lösungen aufzeigen, bekommen sie meiner Ansicht nach hohe Akzeptanz und gewünschtes Feedback. Ohne Feedback kann man sich nicht weiterentwickeln, es sei denn, man ist und möchte nur Befehlempfänger sein. Aber wenn man kreativ und verantwortungsvoll an einem Thema weiterarbeiten möchte, braucht man Feedback um sich regulieren, anpassen und entwickeln zu können.
Wie sieht Teamarbeit für Sie aus ?
Ich würde gerne von den oft noch im Sport üblichen autoritären Strukturen wegkommen. Ich möchte erreichen, dass ein Trainer-Team sich in erster Linie mit der zu lösenden Aufgabe auseinander setzt und identifiziert. Aufgaben müssen den Fähigkeiten und dem Potenzial der Mitarbeiter zugeteilt werden. Die Trainer müssen für die Weiterentwicklung des Sportlers da sein, nicht der Sportler für den Trainer. Im Vordergrund für jedes Trainer-Team sollte immer die Ausbildung unserer Sportler in einer gewissen Ganzheit stehen.
Sportpsychologie im DSV
Die Themen Einstellung und Motivation gehören in den Bereich der Psychologie. Arbeiten Sie mit Sportpsychologen ?
Die Disziplin Ski Alpin arbeitet schon lange und erfolgreich mit Psychologen zusammen. Nur haben sich die Inhalte der Zusammenarbeit mit der Zeit verändert: In der Zeit zwischen 1995 und 2000 haben Psychologen verstärkt das Team gecoacht. Damals standen Themen wie z.B. die Ansprache von Trainer zu Aktiven im Vordergrund. Es wurde beobachtet, wie Trainer korrigieren, wie Videoanalysen durchgeführt wurden und ob Trainer und Athleten sich inhaltlich über das gleiche Thema unterhalten.
Embed from Getty ImagesUm welche Inhalte kümmern sich Psychologen heute ?
In den letzten 2 bis 3 Jahren haben wir unser psychologisches Konzept überarbeitet. Die Psychologen werden vermehrt im Nachwuchsbereich eingesetzt. Meine Vorstellung war, wir geben den 14-18-Jährigen eine fundierte Ausbildung im Bereich der Psychologie, um sie letztendlich unabhängig von einem Psychologen zu machen. Die Grundausbildung sieht vor, u.a. Entspannung zu erlernen, um besser mit Stress umgehen zu können, die persönliche Startvorbereitung zu optimieren und sich auf das Wesentliche und Entscheidende zu konzentrieren.
Wie setzen Sie Sportpsychologie im DSV ein ?
Wenn ein Spitzenathlet zusätzliche Beratung wünscht, kann er sich seinen persönlichen Psychologen suchen. Auf die psychologischen Aspekte lege ich großen Wert – letztendlich entscheidet der Kopf über Erfolg oder Misserfolg. Deshalb bin ich immer wieder überrascht, wenn viele Sportler die Muskeln trainieren, aber den Kopf in der Relation dazu nicht …
Lassen Sie sich angesichts Ihrer verantwortungsvollen Aufgaben auch coachen ?
Ja, seit 2002 lasse ich mich von Prof. Klaus Höfle, einem Kommunikationswissenschaftler, beraten. Manbraucht Beratung und Feedback, je exponierter oder je höher die Position ist; die Praxis zeigt aber leider das Gegenteil davon. Die wenigsten Menschen sagen einem ehrlich ihre Meinung. Ich finde das schade; und man wird der Möglichkeit beraubt, Dinge im Sinne eines Miteinanders zu ändern.

Wie weit weg oder nah dran sind Sie heutzutage an den Athleten ?
Ich bin bei verschiedensten Wettkämpfen anwesend, spreche oft mit den Aktiven über die erbrachten Leistungen, da ich eine extrem große Leidenschaft für den Skisport empfinde. Es passiert mir immer wieder, dass ich sehr emotional auf die Leistungen der Athleten reagiere, wobei es dabei nicht um persönliche Kritik am Athleten geht, sondern um die Emotion in dem Sport. Ich glaube, wenn man keine Leidenschaft mehr für den Sport und die Sportler verspürt, kann man sich auch nicht voll dafür einsetzen. Spitzensport ist Emotion pur, mit allen Höhen und Tiefen, mit Verlieren und Gewinnen – das ist das Schöne daran und dafür arbeite ich.